Blühe, liebes Veilchen
das ich selber zog
blühe noch ein Weilchen
werde schöner noch
weißt du was ich denke?
Lotten zum Geschenke
pflück ich nächstens dich
Blümchen freue dich
Lotte mußt du wissen
ist mein liebes Kind
sollt´ ich Lotte missen
weinte ich mich blind
Lotte hat vor allen
Kindern mir gefallen
die ich je gesehen
das muß ich gestehen
Solch ein süßes Mädchen
gibt es weiter nicht
Zwar hat Nachbars Gretchen
auch ein hübsch Gesicht
Doch muß ich´s nur sagen
würde man mich fragen:
möchtst du Gretchen frein?
Sicher sagt´ ich: Nein!
Aber da die Kleine
liegt mir in dem Sinn
anders nehm ich keine
wenn ich älter bin
O, du süße Lotte
nebst dem lieben Gotte
hab ich doch allhie
nichts so lieb als sie
Manche, die mich kennen
spotten dann und wann
wenn sie Lotten nennen
sehen sie mich an
Tut es nur, ihr Leutchen
Lottchen bleibt mein Bräutchen
Künftig sollt ihr schön
mit zur Hochzeit gehn
Aber du mein Veilchen
sollst für Lottchen sein
Blühe noch ein Weilchen
hier im Sonnenschein
Bald will ich dich pflücken
ihr Brust zu schmücken
ach dann küßt sie dich
und vielleicht auch mich
Text: Christian Adolph Overbeck (1777)
Musik: Johann Abraham Peter Schulz (1779)
„Das naive Gespräch des Knaben mit dem Veilchen wurde bis um Mitte unseres Jahrhunderts gesungen Jetzt mag es wohl Niemand mehr anhören noch weniger wohl singen So ändern sich Zeiten und Geschmack. (Böhme, 1895)