Nach Kreuz und ausgestandnen Leiden
erquicken uns des Himmels Freuden, ja!
drum will ich auch singen – ja
von himmlischen Dingen – ja
die ihr noch zu kosten einst kriegt
wenn ihr den alten Adam ausziecht
Wir führen ein englisches Leben!
Sind dennoch ganz lustig daneben!
Wir tanzen und springen,
Wir hüpfen und singen!
Sankt Peter im Himmel sieht zu!
und streichet die Fiedel dazu
Johannes das Lämmlein auslasset
Herodes, der Metzger, drauf passet
Gebratene Tauben
ihr könnt es uns glauben
die fliegen ins offene Maul
wer da nicht aufpasset ist faul
Sankt Lucas den Ochsen tät schlachten
Ohn‘ eignes Bedenken und Achten
Der Wein kost kein Heller
Im himmlischen Keller
Die Engel, die backen das Brot
und Bretzeln auf jedes Gebot
Gut Kräuter von allerhand Arten
Die wachsen im himmlischen Garten
gut Erbsen und Möhren
man kanns auch nicht wehren
die Spargeln so dick wie ein Bein
Artischocken wie Köpfe so klein
Gut Äpfel, gut Birn und gut Trauben
Der Gärtner tut alles erlauben
Willst Rehbock, willst Hasen
Auf offener Straßen
Sie laufen zur Küche herbei!
auf wetze dein Messer nur frei!
Soll etwa ein Fasttag ankommen
so kommen die Fische geschwommen!
Da laufet Sankt Peter
Mit Netz und mit Köder
und werfet frisch um sich sein Netz
auf dass er den Gaumen ergötz
Willst Karpfen du, Hecht, ob Forellen
Gut Stockfisch und frische Sardellen
Sankt Lorenz hat müssen
Sein Leben einbüßen
Sankt Marta die Köchin muß sein
Sankt Urban er schenket dir ein
Kein Musik auf dieser Erden
der únsern verglichen kann werden
Elftausend Jungfrauen
Zu tanzen sich trauen
Sankt Ursula selbst dazu lacht
Das dauert bis tief in die Nacht
Cäcilia lässt ein Liedlein streichen
dem kein Musik kann gleichen
Die englische Stimmen
Ermuntern die Sinnen
und glaubt ihr es wäre getan
so fängt es von vorn wieder an
Text und Musik: Nic. Sturm bzw Peter Marcellinus
Parodie auf „Himmel und Hölle“ von P. Cochem
in Deutscher Liederhort III (1894, Nr. 1764 „Bayrischer Bauernhimmel“)
Böhme schreibt im Liederhort: „Dieses verbreitete, sonst in Bayern und am Rhein viel gesungene und noch jetzt in Taschenliederbüchern gedruckte Spottlied ist von Nic. Sturm um 1780 gedichtet, aber erst 1819 gedruckt. „Lieder, zum Theil in baierischer Mundart von P. Marcellin Sturm, ehemaligem Augustiner. In Musik gesetzt nach den eigenen Melodien des Verfassers von dem Königlichen Advokaten I. Giehrl in Neuenbürg vor dem Walde. (München) 1819. (Textbuch in 8°, Musikheft in 4°). Dort als Nr. 15 das Lied: „Nach Kreuz und ausgestandnem Leiden erfolgen die ewigen Freuden“. (Durch Weitersingen wurde das Lied etwas verändert und im Versbau geglättet.)“
Nic. Sturm, nach dem Augustinerkloster Peter Marcellinus genannt, war geb. 1760 zu Rotz im Regen-Kreis und gestorben 1786 zu München. Er dichtete diese Travestie als Schüler in Ingolstadt, um etwas zu verdienen. Eine Stelle der den Liedern beigefügten Biographie sagt: „Aus Mangel an Unterstützung mußte er Gebrauch von seinem Dichtertalent machen. Er travestiert P. Cochem’s „Himmel und Hölle“ setzte noch andere lustige Lieder in Knittelversen zusammen, sang sie seinen lustigen Kameraden vor und suchte sich auf diese Art seinen täglichen Unterhalt zu verdienen.“ . . .