Stralauer Fischzug
Auf, lasset uns nach Stralau gehn
Man kann dort mit Vergnügen sehn
sehr viele Gegenstände
von Anfang bis zu Ende
Potz alle Welt! Seht nur einmal
so viele Tausend an der Zahl
die kommen angelaufen
und das in ganzen Haufen
Zu Fuß kann man durch Bemühn
kaum durch die lange Gasse ziehn
Versperrt durch Krüppel, Lahmen
die angezogen kamen.
Große Herren, galante Stutzer
Geizhälse und auch Schuhputzer
Kammerjungfern, schöne Kinder
Lumpenpack und Besenbinder
Handwerksbursche und Soldaten
Auch verdorbne Advokaten
Titular-Sekretäre
Auch verdorbne Feldscheere
Schöne Jungfern, Junggesellen
Stille Köpfe und Rebellen
Junge Väter und Großpapa
Sehr geplagt vom Podagra
Kupplerinnen und Koketten
Die dort werben durch Stafetten
Damen, zart und schön von Wuchs
Und mit Augen gleich dem Luchs
Gurkenjungen, Kuchenkrämer
Riemchenstecher, Geldabnehmer
Visatoren bei den Taschen
Suchen auch etwas zu haschen
Marketender sieht man fahren
Höcker auch in ganzen Scharen
Häßlich, schmutzig, jung und alt
Und von allerlei Gestalt
Alte Weiber, die scharmiren
tolle Köpfe, die prampiren
und das angenehme Chor
von Besoffenen kreischt vor
Modenträger, Schwedenzöpfe
Hin und wieder Patentzöpfe
Mancher trägt die Waden vorn
Mancher reit´ zu Fuß mit Sporn
Seht das Reiten und das Fahren
Groß und Kleine bringen Waren
Trödler mit und ohne Bart
jeder schreit nach seiner Art
Hat man dann nach ein´gen Stunden
Durch die Menge sich gewunden
Wird man hungrig, müd und matt
Und kriegt bald den Jubel satt
Aber weil man nichts gesehen
will man doch nicht rückwärts gehen
trinkt ein Gläschen Branntewein
und verjagt die Festespein
Ist der Nachmittag vergangen
so trägt mancher noch Verlangen
Trepetow zu besuchen auch
wie es sonst war der Gebrauch
Viele fangen an zu laufen
und bald sammelt sich ein Haufen
Springen schnell ins Schiff hinein
Heisa, lustig muß man sein
Ist man nun mit diesen Scharen
übers Wasser hingefahren
hört man Lärm und Nymphenjagd
und dies währt die halbe Nacht
Alles ist für Geld zu haben
Daß ihr euer Herz könnt laben
Kaffee, Kuchen und Zwieback
Habt ihr nur brav Geld im Sack
Geld wird hier genug vergeudet
wenn auch alles andere leidet
Weib und Kindern fehlet Brot
schmachten oft in großer Not
Aber wer in unsern Tagen
wird nach solchen Dingen fragen
Fängt man´s nur recht listig an
heißt man doch ein kluger Mann
Doch das Fest geht nun zu Ende
Also schließ´ ich auch behende
Was ich hab in Reime bracht
Drum für heute: Gute Nacht
Text und Musik: Verfasser unbekannt –
Flugblattlied auf den Stralauer Fischzug vom ersten Drittel des 19. Jahrhunderts – es gibt auch ein Gedicht von Achim von Arnim.
in Mutter der Mann mit dem Koks ist da (1977, gekürzt)
Am 23. Februar 1574 verfügte Kurfürst Johann Georg, daß auf allen märkischen Flüssen und Seen von Gründonnerstag bis zum Bartholomäustag nicht mit groben Garnzügen gefischt werden durfte. So wurde der 24. August (Bartholomäustag) zum Tag des „Anfischens“ und zum Feiern . (Ursprung des beliebten Volksfestes „Stralauer Fischzug“). Seit 1780 ist auch die Teilnahme von Berliner Bürgern am „Stralauer Fischzug“ urkundlich belegt. Am 23. Juli 1873 wurde der „Stralauer Fischzug“ vom Stralauer Ortsvorstand wegen des orgiastischen Treibens auf dem Friedhof verboten.