Wie man Schiffchen aus Papier und Siegellack macht

Wie schön man sich kleine Schiffchen aus Holz zimmern oder aus Baumrinde schnitzen kann, werdet ihr gewiss alle wissen, und die unter euch, die mit ihren lieben Eltern einmal eine Reise an die See machen durften, werden’s wohl schon selbst probiert haben. Denn wenn man am Meer ist, muss man ein Schiff haben und hat man keins, so muss man sich’s selber zu machen wissen, das ist doch sonnenklar.

Nun ist freilich nicht nicht jeder so glücklich an der See gewesen zu sein oder gar in allernächster Nähe derselben zu leben. Aber da hilft man sich eben, wie ihr’s wohl auch schon oft gemacht habt, mit einer Badewanne oder auch nur mit einer Waschschüssel und das geht auch ganz famos, wenn man nur ordentlich daran denkt, daß diese das große weite Meer mit seinen riesigen Wellen und gefährlichen Stürmen sein soll.

Jetzt denkt ihr gewiß alle an die kleinen Walnußschalen, die ihr mit bunten flammenden Lichtchen besteckt in der Waschschüssel lustig herumschwimmen und sich gegenseitig bekriegen habt lassen am Silvesterabend. Ich will euch aber nun was erzählen, was ihr gewiß noch niemals gehört habt, nämlich wie man kleine niedliche Schiffchen aus Papier und Siegellack verfertigen kann, die in der Waschschüssel genau so schön schwimmen, wie die großen Dampfer und Segelschiffe, welche über das weite Meer nach Afrika, Asien und Amerika oder sonst wohin fahren.

Also paßt mal auf: Ihr nehmt ein Stück dünne Pappe, in Form und Beschaffenheit ähnlich einer Visitenkarte, und biegt dasselbe an den beiden Schmalseiten derart zusammen, dass das Stück Papier die Form eines Bootes annimmt. Dann verklebt ihr die zusammengebogenen Ecken an beiden Enden mit Siegellack und nun ist das Schiff der Form nach eigentlich fertig, nur kann man’s nicht ins Wasser setzen, weil ja sonst das Papier bald aufweichen würde und es mit dem schönen stolzen Fahrzeug aus wäre für alle Zeiten.

Ihr müßt also nachher noch folgendes machen: Ihr nehmt euer Schiffchen vorsichtig in die Hand, so dass die Form nicht zerknüllt und verbogen wird und überstreicht die Außenseiten, die im Wasser liegen sollen, überall mit einer dünnen und möglichst gleichmäßigen Schicht am Licht erweichten Siegellacks. Dann wird es ganz hart, als ob’s aus Holz gezimmert wäre und schwimmt so schön im Wasser, daß ihr eure Freude dran haben werdet.

Hat man gar vielfarbigen Siegellack zur Hand und ist ein bißchen geübt im Auftragen desselben, so sieht’s fast aus, als wäre es ein mit richtiger Farbe schön angestrichenes Schiff. Auch könnt ihr, je nachdem ihr das Papier biegt oder zurechtschneidet, alle möglichen anderen Formen für euer Schiff erzielen, die ihr gerade haben wollt oder die ihr wo gesehen habt.

Auch ein Verdeck könnt ihr euch nach Belieben herstellen, indem ihr ein passendes Stück Papier zurechtschneidet, es erst mit Siegellack an die Schiffsränder anklebt und dann in gleicher Weise mit einer Schicht Siegellack überzieht. Dass man auch kleine Hölzchen als Mastbäume an den Schiffsboden kleben und mit kleinen Papiersegeln und Takelwerk aus feinem Bindfaden versehen kann, brauche ich euch wohl nicht erst zu sagen. Und nun versuchts einmal aber verbrennt euch nicht die Finger dabei

M. Rubel in. Jugendlust, Illustrierte Wochenschrift mit monatlich einer Kunstbeilage, mit monatlich einer Kunstbeilage, herausgegeben von dem Hauptausschuss des Bayerischen Lehrervereins , 29. Jahrgang, Nr. 50, September 1904


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