Die Kinder stehen in einer Reihe. Die Milchfrau kommt und fragt das erste Kind: „Guten Tag, Frauchen, brauchen Sie Milch? Wieviel wollen Sie haben?“ Antwort: „Ich brauche keine.“ Die Milchfrau geht wieder fort, dann wird ihr aber zugerufen: „Sst, sst!“ Die Milchfrau fragt wieder an. Antwort: „Ich möchte einen Liter Milch !“ Die Milch wird eingeschüttet, indem die Milchfrau die Bewegung des Einschüttens macht und dann ihre Bezahlung fordert. Entweder wird das Geld ausgezahlt, oder aber es wird gesagt: „Morgen bekommen Sie es !“ So wird jedes Kind vorgenommen.
Am zweiten Tage, d. h. wenn die Milchfrau die ganze Reihe durch ist, will sie das Geld für die Milch einziehen. Einige Kinder zahlen, ein anderes sagt aber vielleicht: „Die Milch war ja schlecht !“ oder: „Ich kann das Geld nicht bezahlen, mein Mann hat sich in den Main gestürzt und das ganze Geld mitgenommen.“ Darauf sagt die Milchfrau: „Dann machen Sie mir ein seidenes Kleid dafür!“ und geht weiter.
Ist sie die Reihe wieder durch, so kommt sie am dritten Tage und fragt: „Wo ist mein Kleid ?“ Antwort: „Ich habe keine Zeit gehabt.“ Da droht die Milchfrau: „Morgen kommt das Kitzelgericht.“ So geht es wieder die Reihe durch.
Am nächsten Tage kommt die Milchfrau und kitzelt das Kind, das ihr noch die Milch schuldig ist, in die Kniekehlen, wobei sie sagt:
Krabbele, krabbele, Mäuschen
wer lacht, der kommt ins Häuschen
Lach mir nit, flenn mir nit
zeig mir deine kleinen Hackelcher nit!
Wer dabei lacht oder die Zähne zeigt, wird Teufel und kommt in die Hölle. Wer nicht lacht, wird ein Engel und kommt in den Himmel. Bei der Ausführung des Kitzelgerichts entsteht gewöhnlich eine kleine Rauferei.
Andere Spielweise: Die Kinder stellen oder setzen sich in eine Reihe. Eins wird als Milchfrau ernannt. Sie fragt nun jedes Kind: „Fraache, brauche Se Milch?“ Eines gibt zur Antwort z. B.: „Zwei Liter.“ Die Milchfrau gibt ihr dann zwei Schläge in die Hand. „Ich bezahl es morje!“ sagt das Kind. Dann kommt die Milchfrau wieder: „Mei Geld !“ Nun sagt das Kind irgendeine Entschuldigung, weshalb sie es nicht bezahlen könnte. „Morje kimmt’s Kitzelgericht!“ Dann erscheinen zwei Kinder, die das Kitzelgericht vorstellen. Das Kind wird nun an den Beinen gekitzelt, dabei wird gesagt:
Knitze, knatze, knorweloch
wer lacht, der kimmt ins Ofeloch
Loch mer net, flenn mer net
zeig mer des weiße Hackelcher net
Lacht nun das Kind, ist es ein Teufel, lacht es nicht, ein Engel. Als Teufel wird es ein paarmal hin und her geschleudert, als Engel auf vier verschlungene Hände gesetzt und getragen.
in Frankfurter Kinderleben (1929, Nr. 3740 – 3741)