Der Leinwanddieb

Die Kinder werden ausgezählt, eins als Hausfrau, eins als Hahn, der das Tuch bewacht, und ein Drittes als Dieb, welches sich versteckt halten muß. Die übrigen Kinder stellen sich in einer Reihe auf, die Arme ausgebreitet, so daß die Hände sich berühren, auf diese Weise ist das Tuch dargestellt. Nun mißt die Hausfrau mit einem Stäbchen die Ware nach Ellen, befiehlt dem Hahn sofort zu krähen, wenn etwa ein Dieb kommt und entfernt sich.

Der Hahn kauert nieder und bald kommt aus dem Versteck der Dieb und raubt ein Stück Tuch, d.h. er nimmt die Erste in der Reihe mit fort in sein Versteck. Der Hahn sieht das und kräht. Sogleich kommt die Hausfrau gesprungen, erfährt was geschehen, mißt das Tuch, findet aber, daß an der ursprünglichen Ellenzahl nichts fehlt, denn die Kinder haben die Arme mehr ausgestreckt, so daß die Fingerspitzen sich berühren. Die Frau schilt den Hahn wegen der Lüge, empfiehlt ihm aber Wachsamkeit und geht wieder.

Die Szene wiederholt sich einigemal und die Hausfrau findet endlich, daß an der Ellenzahl fehlt. Sie macht dem Hahn Vorwürfe, befiehlt wachsamer zu sein und empfiehlt sich wieder. Der Hahn hat sich gegenüber der Frau jedesmal zu entschuldigen gesucht, er sei hungrig gewesen und habe sich Futter suchen müssen, unterdessen sei der Dieb gekommen; oder, er habe einer armen Frau etwas von dem Tuch geschenkt u.s.w.

Die fortgeführten Kinder bilden eine Kette, indem sie sich hintereinander aufstellen und am Rocke anfassen. Der Dieb an der Spitze führt den Zug vor die Hausfrau, gibt sich als Leinwandhändler aus, preist seine Ware, die er hinter sich führt und fordert die Hausfrau auf, sie ihm abzukaufen. Diese beschaut die Ware und erkennt – ihr gestohlenes Gut. Der Hahn kräht und der Dieb wird mit Plumpsäcken fortgejagt.

nach Deutsches Kinderlied und Kinderspiel (1897)

So das Mädchenspiel nach Thomas : Spiele für Mädchen , Nr. 29 , die volkstümliche Grundlage ist gewahrt, ähnlich GuthsMuths 288, Jakob Nr. 225 ; in England heißt das Spiel: „My Grandmothers Clock“. Einige niederdeutsche und die schweizerischen Fassungen werden hier noch folgen. Goethes Mutter schrieb an ihre Enkel nach Weimar : Wenn ich bei Euch wäre, lernte ich Euch allerlei Spiele : „Vögel verkaufen“ , „Tuchdiebes“, „Potzschimper Potzschemper“ und noch viele andere —


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