Liebe liebe Sonne
mit der goldnen Krone
komm ein bißchen runter
laß den Regen oben
Einer schließt den Himmel auf
kommt die liebe Sonne raus
in Kasseler Kinderliedchen (1891, Nr. 152) — Deutsches Kinderlied und Kinderspiel Lewalter (1911, mündlich aus Kassel, Nr. 79 „“Wird bei Aprilwetter oder nach dem Gewitter gesagt. Mit der letzten Zeile wartet das Kind so lange, bis die Sonne durch die Wolken bricht.“) — Kindervolkslieder (1920)
Zu diesem Lied hat Gustav Eskuche in Kasseler Kinderliedchen ganz besondere Gedanken:
„Der Eine, der aus der geöffneten Himmelstür die Sonne herausführt, wie Phoibos bei den Griechen und Osiris bei den Ägyptern, ist der Himmelsherr Fro, welcher, nach altnordischer Sage, auf goldborstigem Eber durch Winde und Wolken reitet und mit Regen und Sonnenschein die Fluren befruchtet. Noch jetzt sagt der Bauer in der hessischen Wetterau, wenn er die goldnen Ähren im Wind wogen sieht: Der Eber geht im Korn. Als nun die vielgestaltigen Götter und Göttinnen mit dem Christentum in dem einen Schöpfer Himmels und der Erden aufgingen, über trug man auch Fro’s Walten auf den Segen spendenden Christengott, wie aus einem süddeutschen Sprüchlein hervorgeht:
Heiland, tu Dein Türle auf
Laß die schöne Sonne raus!
Laß de Schatte drobe
Den Heiland wöll’n wir lobe“
Der Heiland ist ja der Fro, d. h. der Herr, vgl. Fronleichnam. Fro hatte neben sich Frowe oder Freya, die Sonnengöttin, wie Osiris die Isis, Phoibos die Artemis; sie erscheint z. B. in einem Preßburger Liedchen:
Liabi Frau, mach’s Türl auf
laß die liabi Sunn herauf
laß in Regen drina
laß in Schnee vabrina
ebenso im Elsässer Liedchen:
’s geht e Frau in’s Glockenhüs,
Loßt die heilig Sunn ‚erüs“