Ein zwei drei
Hicke hacke Heu
Hicke hacke Pfefferkorn
Sieben Kinder essen gern
Mutter backe Kuchen!
Will ein Stück versuchen,
Legt ein Stück hinter die Tür
Kam die Katz‘ und fraß es
Kam der alte Leineweber
Mit der langen Elle
Schlug sie auf den Kopf
Miau miau miau
Für 2 Pfennig Buckelblau
„Ein Prachtstück von Kinderpoesie: Eine Mutter hackt emsig Heu und Pfefferkern für ihre sieben Kinder; denn sieben Kinder essen gern und viel. Heu für die Kinder, wie für’s Vieh? Die Erklärung gibt wieder ein alemannischer Spruch, in welcher eine Mutter auf ihre vielen milchverlangenden Kinder in der Wiege blickt:
De Höseli und de Chlei
de Lotz und der Läu.. –
De Nöppel, de Span und Laß
sind all an einer Gaß.
Züseli und Anneli mache Ehernen as
sueret eüsis Spanferndli das
Diese Mutter vergleicht mit Bewußtsein ihre Kinder Spanferkeln, und das ist keine Rohheit. Denn im Paradiese der Jugend wie einst in dem der Menschheit sind Tier und Mensch noch nicht feindselig geschieden. So betet das niederdeutsche Bauernkind frommen Herzens:
Hier ligg ick as ’ne Koh
nu seh‘ uuse Herrgatt to
dat mi nin Düüwel wat doo!
und der kleine Teddi in Habbertons allerliebster Kindergeschichte „Andrer Leute Kinder“ glaubt selbst an seine unglaubliche Flunkergeschichte, die so anhebt: Na ja. Einmal da — war ich ’n Kininschen un wohnte gantsch
geleine in ein Loch gantsch unten im Baum. Un manchmal denn kamten die annern Kininschens un besuchten mich u. s. w.
Also Heu und Pfefferkerne gibt’s für die Kasseler Ferkelchen, aber unzufrieden rufen sie: Mutter, backe Kuchen! Die Gute tut’s, und nun will ein Kind ein Stück,, das es wahrscheinlich vor der Verteilung schon gemaust hat, friedlich verzehren, da kommt das böse Element, die Katze, und frißt’s. Da erscheint der Deus ex machina dieses
Familiendramas, der alte Leineweber und verbläut mit seiner Elle die Katze, daß sie fortläuft: miau, miau. miau.
Diese dramatisch belebte Familiengeschichte enthält schon so manche Züge, die dem Kinde nicht daheim in der Stube geworden sein können; sie führt uns, zunächst an den Spielen, denen ja die Zählreime gelten, vorbei zu dem
Bild oder Bildchen, das wir, den Kinderreimen folgend, uns von der Familie überhaupt, vom Haushalt und Handwerk zeichnen können. Da sieht’s nun gar leicht und lustig aus: im Hause Armuthei und Bettelei, das
Handwerk verspottet, der Mann im Wirthshaus, die Frau dumm und ungeschickt. Doch scheltet deshalb die Kinder und ihre Liedchen nicht, ihr Damen vom Kaffeetisch, ihr Herrn vom Biertisch! Uns Große fesselt ja auch eine Erzählung vom Elend und Kampf und Sorge mehr als eine Schilderung von Ruhe und Wohlstand und
Reichthum; wir begleiten den Romanheld durch Mangel und Gefahr und Trübsal hindurch bis zum glücklichen Ende, und im Glücke — wird er uns langweilig. Und diese Liedchen vom Bettelhaushalt fließen aus uralter Quelle, die Rochholz, dem wir hier folgen, schon in der altnordischen Sagensammlung Edda nachweist.
Dort kehrt Gott Heimdallr, der Ständeordner, am Meeresstrande in ein Bauernhaus ein, wo am Feuer zwei Eheleute sitzen, grau von Arbeit, Ai und Edda — Urahn und Urahne. Der Gott ißt von ihrem groben Kleinbrot und gesottenen Kalbfleisch und geht mit ihnen zu Bett. 9 Monate später gebiert Edda einen Sohn, der ist rauhhaarig. dickfingerig, langfersig, schwarzhaarig und erhält den Namen Drhäl — Knecht. Zum Weib nimmt er ein Mädchen, das einst zufällig auf den Bauernhof kam; ihre Füße sind nackt, ihre Arme sonnenbraun, ihre Nase eingebogen. Sie heißt Dhhr — Magd. Ihre Kinder erhalten Namen, die auf „Unreinlichkett, Selbstmißachtung
und Körperhäßlichkeit“ deuten. Das ist der unterste Stand. Der zweite Stand stammt ab von Karl d. i. Mann und Sorger, dem Sohne von Heimdallr und Amma d. t- Ahne; der oberste von Jarl d. i. Edelmann, dem Sohne
von Heimdallr und Modir d. i. Mutter. Den dritten Stand malt nun die alte Sage wie die spätere Literatur mit ganz besonderem Eifer aus, aber der furchtbare Ernst der Göttersage wandelt sich in übermüthigen Scherz um, der dann vom harmlosen Spott nicht weit ist.
mit der anschließenden Anmerkung und Reflexion über diesen Kinderreim in: Kasseler Kinderliedchen (1891, Nr. 67)