Als ich auf meiner Bleiche
ein Stückchen Garn begoß
da kam aus dem Gesträuche
ein Mädchen atemlos
Das sprach: Ach, ach Erbarmen!
Steht meinem Vater bei
Dort schlug ein Fall dem Armen
Das linke Bein entzwei
Mitleidig, ach, verweilte
Ich keinen Augenblick.
Ich lief ihr zu, da eilte
Sie ins Gebüsch zurück.
Kaum war ich drin, so kamen
Zwei Reiter mit dem Schwert,
Ergriffen mich und nahmen
Mich mit Gewalt aufs Pferd.
So sehr ich schrie und weinte,
So ließ man mich nicht los
Und bracht, eh ichs vermeinte,
Mich auf des Grafen Schloß;
Von da ward ich bald weiter –
Es war schon finstre Nacht –
Begleitet durch die Reiter,
Ach, nach der Stadt gebracht
Hier war der Graf. Mein schreien
Half nichts: durch jede Kunst,
Durch Drohn und Schmeicheleien
Warb er um meine Gunst.
Doch ward mein Haß nur größer,
Und nun sperrt er mich ein,
Und dies gefiel mir besser,
Als seine Schmeichelein.
Mein Fenster ging in´n Garten.
Heut stand ich morgens früh,
Die Sonne zu erwarten,
Voll Kummer da, und sieh:
Das Pförtchen an der Mauer
Stand auf; gleich fiel mir ein,
Obgleich mit manchem Schauer
Mich hurtig zu befrein.
Gedacht und auch geschehen!
Das Fenster war nicht hoch,
Und, sicherer zu gehen,
Nahm ich mein Bettchen noch;
Das warf ich schnell hinunter,
Ich sprang und sprang nicht tief,
Worauf ich dann ganz munter
Auf und von dannen lief
Text: Chr. Fel. Weiße (1770)
Musik: J. Adam Hiller (1770)
Aus der komischen Oper „DIe Jagd“ – wurde zuerst am 29. Januar 1770 von der Kochischen Gesellschaft in Weimar aufgeführt.“ ( Als der Großvater die Großmutter nahm (1885) – auch in Musikalischer Hausschatz der Deutschen (1842) — Volkstümliche Lieder der Deutschen, 1895