Auf eines Müllers Hofe hatte sich bei Nacht
Ein angeschlossner Hund von seiner Kette
Einst losgerissen. Durch den Lärm erwacht
Der Herr und ruft die Magd. Die springt schnell aus dem Bette
Und eilt halb nackt hinaus den Hund
An seine Kette wieder anzulegen
Doch vor der Türe springt er wütend ihr entgegen
Und beißt an Arm und Fuß sie wund
Der Müller eilt auf ihr Geschrei
Stracks mit den Seinigen herbei
Sie reißt die Thüre zu Zurück ruft sie
Der Hund ist toll ich bin nun schon gebissen
Laßt mich Ich will allein schon wieder fest ihn schließen
Sie kämpft hierauf mit großer Müh
Sich mit dem Hund herum Es floß
Das Blut ihr stromweis aus den Wunden
Doch ließ sie ihn nicht eher los
Bis sie ihn wieder festgebunden
Worauf man ihn alsbald erschoß
Die Magd ging still und ohne Klagen
In ihre Kammer und erwartete den Tod
Umsonst war Hülfe sie befahl sich Gott
Die Wuth brach aus sie starb in wenig Tagen
Die Seelengröße hängt an keinem Stande
Zum Heldentode stärkt den Krieger oft der Blick
Auf Mausoleen nur für Menschenglück
Starb unsre Dörfnerin und ruht in schlechtem Sande
Text: Götz ? „Die Bauernmagd Eine wahre Begebenheit “
in Als der Großvater die Großmutter nahm (1885)
Liederthema: Gedichte
Liederzeit vor 1797 - Zeitraum: 18. Jahrhundert: Volkstümliches Lied
Stichwort: Orte: Berlin, Franken
Anmerkungen:
„Die Geschichte steht zuerst, von Pfeffel in Prosa mitgeteilt, unter der Überschrift: „Seelenstärke und Gegenwart des Geistes bei einer Bauernmagd, in den Ephemeriden der Menschheit 1781, Februar, S. 255- Sie hatte sich in Oberzenn , einem gräflich seckendorfischen Gute in Franken, zugetragen. Am Schlusse heisst es, fast ganz wie im Gedichte: Die Wut brach aus, und sie starb nach einigen Tagen. Verfasser der gereimten Darstellung, die sich in Ramlers Fabeln und Erzählungen, der Fortsetzung der Fabellese ( Berlin 1797) , S. 290, befindet. soll Friedrich von Köpken sein.“