Massenkonzerte für Kinder aus Berliner Gemeindeschulen (1906)
F. Wiedermann und Ernst Paul (Herausgeber) (in: Monatszeitschrift für Schulgesang, , 1. Jahrgang, 1906 / 1907, S. 22)
Gesangaufführung im Zirkus Busch 1906
Im Zirkus Busch veranstaltete Schulrat Dr. Fischer am 4., 11., 18. und 25. März Massenkonzerte von 2000 Knaben und Mädchen. Die musikalische Leitung hatte Adolf Zander. Der ersten Aufführung wohnte das Kaiserpaar mit der kaiserlichen Familie und einem großen Gefolge bei. Der Verlauf des ersten Konzerts war ein prächtiger. Sowohl die äußere Ordnung, als auch die Gesanqsvorträge machten einen vorzüglichen Eindruck.
Wie mit einem Schlage erheben sich auf den Wink des Dirigenten die jugendlichen Sänqer und Sängerinnen, um ein sorgfältig gewähltes Programm in trefflichster Weise zur Ausführung zu bringen. Liedvorträge des ganzen Chores wechselten mit solchen, die nur vom Knaben- bzw. Mädchenchore geboten wurden. Die Knaben fanden in den patriotischen Liedern „Auf die Schlacht bei Torgau“ und „Lützows wilde Jagd“ Gelegenheit, ihre Eigenart in wirksamster Weise zur Geltung zu bringen; die Mädchen dagegen brachten Webers „Leise, leise fromme Weise“ und Abts „Wanderlust“ sehr ausdrucksvoll zu Gehör.
Tonbildung, Reinheit, Aussprache und Vortrag wurden den höchsten Ansprüchen fast immer gerecht. Nur die allzu langen Pausen zwischen den einzelnen Strophen der Lieder störten. Wenn man die Aufführungen als einen Gradmesser für die gesanglichen Leistungen der Berliner Gemeindeschulen überhaupt ansehen darf, so muß man dieselben als sehr tüchtige bezeichnen. Gewiß wird man In dieser Beziehung ein Urteil nicht nur nach dem Gesange weniger sehr befähigter Schüler sich bilden dürfen; aber so viel steht fest, daß die Gesanglehrer der einzelnen beteiligten Schulen sich der Einstudierung der Gesänge mit außerordentlichem Eifer hingegeben und damit den schönen Erfolg mit ermöglicht haben. Sämtliche Lieder wurden in vierstimmigem Tonsatze ausgeführt, der mit Ausnahme des letzten Liedes vom Dirigenten eingerichtet worden war.
Das Programm lautete:
- Choral: Dich seh ich wieder. Morgenlicht
- Dreyer: Kaisergruß: Sei, Kaiser Wilhelm, hoch und hehr
- Weber: Leise, leise, fromme Weise
- R. Schumann: Frühlingsgruß: So sei gegrüßt
- Silcher: Es geht bei gedämpfter Trommel Klang
- Taubert: Empöret auch die ganze Welt
- Stevenson: Russischer Vespergesang
- Schneeglöckchen tut läuten
- Berat: Wenn alles wieder sich belebt
- Mendelssohn: Wem Gott will rechte Gunst erweisen
- Weber: Lützows wilde Jagd
- Abt: Es ziehn nach fernen Landen
- Volkslied: Schwerin, der hat uns kommandiert
- J. Otto: Das Treue deutsche Herz
Nr. 1, 2, 7 und 14 wurden vom Gesamtchor, Nr. 3, 4, 8, 9 und 12 vom Mädchenchor, die übrigen vom Knabenchor gesungen.
in: Monatszeitschrift für Schulgesang. Herausgegeben von F. Wiedermann und Ernst Paul, 1. Jahrgang, 1906 / 1907, S. 22
Volksmusik: Kriegserziehung im Kaiserreich
Liederzeit: 1871-1918: Deutsches Kaiserreich
Ort: Berlin
Siehe dazu auch:
- 50. Geburtstag des Kaisers (1909) ()
- Allerhöchste Ordre für Schulpolitik (1890) ()
- Als die Trommel klang Tal und Feld entlang (Kriegspropaganda)
- An die deutschen Kinder (1891) ()
- Anweisung für Schulfeiern Kaiserreich (1888) ()
- Auf auf ihr munteren Kameraden (Kinderlieder)
- Auf denn zum heiligen Krieg (1916) (Kriegslieder)
- Aufruf zur Gründung von Kriegsschulmuseen (1915) ()
- Aus einer Schulfibel (1908) (Kinderreime)
- Aus Haus und Hof sind wir hinausmarschieret (Kriegslieder)
- Berliner Jungen ()
- Besonders schöne deutsche Innigkeit (1915) ()
Anmerkungen zu "Besonders schöne deutsche Innigkeit (1915)"
Wenn Tiessen, der hier einen Kriegsvortrag des Musikwissenschaftlers und Liedforschers Prof. Dr. Max Friedländer referiert, behauptet, daß in den deutschen Soldatenliedern „nichts von Haß, Verachtung und Geringschätzung des Feindes“ stände, so ignoriert er dabei Liedersammmlungen wie “ Jeder Schuß ein Ruß “ oder “ Jeder Stoß ein Franzos “ und viele andere – siehe z.B. die Weltkriegs-Liedersammlung von 1926.