Denkst du daran mein tapferer Lagienka (Hintergrund)
Wolfgang Steinitz (in: Volkslieder demokratischen Charakters.... (Der große Steinitz))
In dem Buch „Das Kölnische Volks- und Karnevalslied“ (1951, S. 182—186) führt Paul Mies zu „Denkst du daran mein tapferer Lagienka“ an, daß diese Melodie im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts sehr beliebt war; sie würde „besonders gewählt, wenn es sich im Text um Erinnerungen, um Abschied, um wehmütige Gedanken handelt“. Mies führt 10 Lieder auf diese Melodie an….
Das Lied ist außerdem wenigstens zweimal ins Polnische übersetzt worden. Die eine Fassung steht in einem Liederbuch: Fr. Baranski. Jeszcze Polska nie zginela. Piesni patriotyczne i narodowe. Lwow ohne Jahr [1893], S. 39) mit dem Anfang: „Pamietasz o tym dzielny moj Lagienko…“ und der Bemerkung: „(Aus der Oper ,Der alte Feldher)“. Als Melodie wird die Weise von „Walecznych tysiac“ (= „In Warschau schwuren tausend . . .“) genannt. Dieses Lied wurde im Polnischen auf die gleiche Weise gesungen wie das deutsche Lied „Denkst du daran, mein tapfrer Lagienka“. Da „Walecznych tysiac“ in Polen aber besonders populär war, verband sich dort die ursprünglich zu dem Lagienka-Lied gehörende Weise im Bewußtsein mit dem anderen Lied.
Die zweite Übersetzung stammt von dem unermüdlichen Übersetzer deutscher Polenlyrik ins Polnische, von Gotthilf Kohn (1888), der sie in seinem Buch „Polska w swietle niemieokiej poezji“, Sambor 1890—1891, S. 103f, veröffentlicht hat, mit dem Anfang: Mow, czy pamietasz, chrobry moj Lagienko?
G. Kohn sagt in der Vorrede (S. VI) seines Buches: „. . . mancher Pole ließ sich in seiner Unkenntnis von Surzynski´s Harfner („Harfiarz“) täuschen und glaubte, das dort. enthaltene Lied Holteis über Kosciuszko und Lagienka sei ein original-polnisches Lied.“
Die angeführten Angaben zeigen, daß auch das Lied von Kosoiuszko und seinem alten Soldaten Lagienka in Polen noch um 1900 bekannt war. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Mitteilung von Böhme ( Volkstümliche Lieder, S. 82), daß unser Lied schon 1840 von polnischen Bauernmädchen, die als Landarbeiter nach Schlesien kamen, gesungen wurde: „Der Cantor Jakob zu Hainau in Schlesien ließ sich 1840 in Bad Altwasser von jungen Polenmädchen den polnischen Text vorsingen, und die Melodie stimmte mit der bei Holtei überein. Ein Pole versicherte: „Die Melodie ist echt polnisch!“
Böhmes Behauptung: „Die Melodie ist aus Frankreich nach Polen gekommen“ (ebenda) ist unrichtig. In Frankreich war die Melodie nicht mit einem Text auf Kosciuszko und Lagienka verbunden, in Deutschland ( Holtei usw.) und Polen ja. Die französische Melodie ist, zusammen mit dem neuen deutschen Text, über Deutschland nach Polen gewandert.
Wenn J. Znamirpwska, Liryka powstania listopadowego, Warszawa 1930, meint, die Quelle des Anfangs von Pamietasz o tym dzielny moj Lagienko und anderer, ähnlich anfangender polnischer Lieder sei das französische Lied „Te souviens-tu“, so ist auch hier der französische Text nur indirekt, durch die Vermittlung des deutschen Textes, die Quelle.
alle Zitate Steinitz II , 1962, S. 65f
Lied-Geschichte: Denkst du daran mein tapferer Lagienka
Volksmusik: Volkslied-Forschung - Verschiedenes
Liederzeit: 1830-1847: Vormärz, 1832 - Hambacher Fest
Ort: Köln, Polen, Schlesien, Warschau
Siehe dazu auch:
- Aus dem Tagebuch des Varnhagen von Ense (1844) (Politische Lieder)
- Bedeutung des Spiels ()
- Das Bebersche Lied von 1848 ()
- Der Auszug nach Weiler (1848) ()
- Der diebische Müller ()
- Deutschfolk ()
- Die 100 Volkslieder mit den meisten Aufrufen in 2020 ()
- Die Skigebote – Vom Skipech (Ski-Lieder)
- Ein deutsches Volkslied (Wir versaufen unser Oma) ()
- Ein Hundsfott muß der Deutsche sein (1798) (Freiheitslieder)
- Ellis Island ()
- Gastarbeiter in Deutschland – Eine Million ()