Volkslied-Bücher

Erika Kross und Jürgen B. Wollf (in: Kurzer Abriss über die Publikationen zum deutschen Volkslied)

Die sich emanzipierende städtebürgerliche Kultur bringt ab Mitte des 15. Jahrhunderts, wesentlich begünstigt durch die Entwicklung des Buchdrucks, eine Reihe bedeutsamer Liederhandschriften, gedruckter Sammlungen und fliegender Blätter, vor allem weltlichen Liedgutes hervor. Sie sind nicht nach wissenschaftlichen oder historischen Gesichtspunkten angelegt, sondern für den täglichen Gebrauch bestimmt. Vor allem die städtischen Mittel- und Oberschichten haben wachsenden Bedarf an Liedern, die ihre besondere bürgerliche Gesinnung widerspiegeln, so ältere Lieder oder solche in niederen Ständen gesungene nur vereinzelt einfließen. Wichtig sind das Augsburger Liederbuch , Glogauer Liederbuch  und Lochamer Liederbuch und die Handschrift der Klara Hätzlerin .

Mit der Reformation und Luther setzt, bereits eine bewußtere Sammlung von Liedern ein, die der Vergessenheit anheimzufallen drohen. Forster bedauert in der Vorrede zu „Frische Teutsche Liedlein“, daß er bereits nicht mehr alle alten Weisen habe auftreiben können. Es erscheinen daneben wertvolle Ausgaben mit musikalischen Bearbeitungen, so von Finck , Oeglin , Othmayr , Ott , Schöffer u. a. Wichtige Liedersammlungen sind außerdem die Gassen-Hawerlin sowie das Ambraser Liederbuch .

Gegenreformation, 30-jähriger Krieg und der spezifische sozialpolitische und kulturelle Verfall des deutschen Feudalabsolutismus bewirken im 17. und 18. Jahrhundert eine fast gänzliche Unterbrechung dieser editorischen Leistungen. Das Volkslied sinkt auf den Nullpunkt des allgemeinen Interesses. Erst die Aufklärung knüpft in den 1760er Jahren auf einer qualitativ neuen Stufe an die frühen Bemühungen an.

Johann Gottfried HERDER gibt den ,,entscheidenden Impuls zur Erforschung der Geschichte und des Wesens des Volksliedes und der Volksdichtung in Deutschland“1. In dem ,“Briefwechsel über Ossian“ benutzt er erstmalig den Begriff ,“Volkslied“ – abgeleitet vom englischen „popular song“. Seine Sammlung ,“Volkslieder“, die in zwei Teilen 1778-79 erscheint, enthält Lieder verschiedenster Nationalitäten, „Der Anblick dieser Sammlung gibts offenbar, daß ich eigentlich von Englischen Volksliedern ausging und auf sie zurückkomme …“2, ein Kuriosum der deutschen Volksliedgeschichte, das sich 200 Jahre später just wiederholen soll.

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