Ich stand auf hohem Berge
sah in den tiefen Rhein.
Ein Schifflein sah ich schweben
ein Schifflein sah ich schweben,
drei Grafen saßen drein.
Der juengste von den Grafen,
hub auf sein römisch Glas
tät mir damit zu trinken
„Feinslieb, ich biet dir das!“
„Was tust du mir zu trinken,
was bietst du mir den Wein?
Ich muß ins Kloster gehen
muß Gottes Dienerin sein“
Es stund wohl an die halbe Nacht
dem Grafen traeumt’s gar schwer
als ob seine Herzallerliebste
ins Kloster gegangen wär.
„Steh auf, steh auf, mein Knappe
zäum mir und dir ein Pferd
wir wollen reiten Berg und Tal
der Weg ist Reitens wert.“
Und als er vor das Kloster kam,
gar leise klopft er an:
„Wo ist die jüngste Nonne,
die letzt ist kommen an?“ –
„Es ist hier keine gekommen,
es kommt auch keine heraus.“-
„So will ich hier anzuenden
das schöne Nonnenhaus.“
Sie kam herausgeschritten,
schneeweiss war sie gekleid’t:
Ihr Haar war abgeschnitten,
zur Nonne war sie bereit.
Was hat sie in den Händen?
von Gold ein Becherlein
Er hat kaum ausgetrunken
springt ihm sein Herz entzwei
Diese Version von Graf und Nonne nach einem 1771 von Goethe im Elsaß aufgezeichneten Lied –
auch in Zupfgeigenhansl (1908)