Ich stand auf hohem Berge
sah runter ins tiefe Tal
Ein Schifflein sah ich schweben
darin drei Grafen warn.
Der jüngste von den Grafen
der in dem Schifflein saß
gab mir einmal zu trinken
aus einem venedischen Glas
„Ach Mädchen, du wärst schön genug,
wärst Du nur ein wenig reich;
fürwahr, ich wollt Dich nehmen,
wär´n wir einander gleich.“
Er zog von seinem Finger
ein goldenes Ringelein.
„Nimm hin, Du Hübsche, Feine,
das soll dein Denkmal sein.“
Was soll ich mit dem Ringe,
den ich nicht tragen kann?
Ich bin ein armes Mädchen,
das stehet mir nicht an.
Und weil ich ja nicht reich bin,
daß es dem Herren frommt,
will ich die Zeit abwarten,
bis meinesgleichen kommt.“
„Wenn deinesgleichen nun nicht kommt,
was willst du fangen an?“
„Dann geh ich in ein Kloster,
will werden eine Nonn´.“
Es stand wohl an ein Vierteljahr,
dem Grafen träumte es schwer,
daß sein herzallerliebster Schatz,
ins Kloster gegangen wär.
„Steh auf, mein Knecht und tummle Dich,
sattle mir und dir ein Pferd;
Wir wollen reiten Tag und Nacht,
der Weg ist des Reitens wert!“
Und als der Graf geritten kam,
wohl vor des Klosters Tür,
fragt er nach seiner Liebsten,
ob sie wohl darinnen wär.
Sie kam heraus geschritten,
in einem schneeweißen Kleid.
Ihr Haar war abgeschnitten,
zur Nonn´ war sie bereit.
Sie kam mit einem Becher,
den sie dem Ritter bot;
er trank und ein paar Stunden
danach war er schon tot.
Ihr Mädchen laßt Euch raten,
schaut nicht nach Geld und Gut.
Sucht Euch einen braven Burschen,
der euch gefallen tut.
Text und Musik: Verfasser unbekannt –
in Deutscher Liederhort (1856, 18 a-e) – Liederhort I (1893, Nr. 89d)