Freut euch des Lebens
weil noch das Lämpchen glüht
Pflücket die Rose
eh sie verblüht!
Man schafft so gerne sich Sorg´ und Müh´
sucht Dornen auf und findet sie
und läßt das Veilchen unbemerkt
das uns am Wege blüht.
Freut euch des Lebens…
Wenn scheu die Schöpfung sich verhüllt
Und laut der Donner ob uns brüllt,
So lacht am Abend nach dem Sturm
Die Sonne uns so schön.
Freut euch des Lebens…
Wer Neid und Mißgunst sorgsam flieht
Und G´nügsamkeit im Gärtchen zieht
Dem schießt sie schnell zum Bäumchen auf
Das goldne Früchte trägt.
Freut euch des Lebens…
Wer Redlichkeit und Treue übt
Und gern dem ärmeren Bruder gibt
Bei dem baut sich Zufriedenheit
So gern ihr Hüttchen an.
Freut euch des Lebens…
Und wenn der Pfad sich furchtbar engt
Und Mißgeschick uns plagt und drängt
So reicht die Freundschaft schwesterlich
Dem Redlichen die Hand.
Freut euch des Lebens…
Sie trocknet ihm die Tränen ab
Und streut ihm Blumen bis ins Grab
Sie wandelt Nacht in Dämmerung
Und Dämmerung in Licht
Freut euch des Lebens…
Sie ist des Lebens schönstes Band
Schlagt, Brüder, traulich Hand in Hand
So wallt man froh, so wallt man leicht
Ins bess´re Vaterland.
Freut euch des Lebens…..
Text: Johann Martin Usteri (1793)
Musik: Hans Georg Nägeli (1794)
Usteri, geboren 1763, gestorben 1827 in Rapperswyl am Zürcher See. Als „Tischlied“, zuerst gedruckt 1794 in Zürich mit Begleitung von Harfe und Klavier, mit Nägelis Melodie in „Freimaurerlieder“ von Böheim, Berlin 1794. 1796 dann mit der Melodie von Nägeli ohne Namensnennung des Dichters in Musenalmanach für 1796. Seitdem vielfach gedruckt, gesungen und parodiert.