Als ich noch im Flügelkleide
In die Mädchenschule ging
O wie hüpft ich da vor Freude
Wenn mich Lina froh empfing
Und wie man als Kind oft tut
Zu mir sprach ich bin dir gut
Gern saß ich ihr gegenüber
Und anstatt ins Buch zu sehn
Sah ich drunter oder drüber
Mocht es mir gleich übel gehn
Bis sie mich zur Seite lud
mit dem Gruß: ich bin dir gut
Wenn wir Kinder Abends spielten
Uns vom großem Feuermann
Und von Hexen unterhielten
Sah mich Lina zärtlich an
Was schert uns die Hexenbrut
Fritz komm her ich bin dir gut
Als ich Jüngling heißen wollte
Und doch nur erst Knabe war
Der die Weih empfangen sollte
Floß mein Auge sonnenklar
Und auch ihre Tränenflut
Sagte mir ich bin dir gut
Als des Jünglings rasches Feuer
Lodernd sich in mir ergoß
Und mein Blut für Niemand teurer
Als für meine Lina floß
Und auch diese Wangenglut
Sagte mir ich bin dir gut
Schrieb ich aus der fernen Weite
Daß ich mich ja ganz allein
Einzig nur an ihrer Seite
Dieses Lebens könnte freun
Schrieb sie mir mit ihrem Blut
Den Bescheid ich bin dir gut
Aber ach der süßen Freude
Da ich nun nach Hause kam
Unsre Herzen hüpften beide
als ich sie in Arme nahm
Stieg auf ihre Wangen Glut
und sie sprach ich bin dir gut
Als der Trauung Morgen tagte
und mein Mund sie feierlich
bei der Zeugen Ankunft fragte
Lina liebst du wirklich mich
Da gab sie mit hohem Mut
Den Bescheid ich bin dir gut
Als der Priester seinen Segen
Vor dem Traualtar uns gab
Floß gleich einem Sonnenregen
Eine Tränenflut herab
Und auch diese Tränenflut
Sagte mir ich bin dir gut
O die Welt wird mir zum Himmel
Sie ist mir schon Seligkeit
Wenn entfernt vom Weltgetümmel
Mir mein Weibchen Küsse beut
Sanft mein Weib im Arme ruht
und mir sagt: ich bin dir gut
Text : – aus Berlin ? vor 1800
Musik: auf eine Melodie von Wolfgang Amadeus Mozart aus Don Juan ()
„Flügelkleid“ war ein damals modisches Kinderkleid, mit zwei hinten herabhängenden breiten Streifen von Zeug, welche gleichsam die Flügel bildeten. (Böhme, Volkstümliche Lieder der Deutschen, 1895)
in: Als der Großvater die Großmutter nahm (1885)